Die Bibliothekswelt im Umbruch - alte und neue Dienste im WWW

Dipl.-Inform. Uwe Dierolf
Universitätsbibliothek Karlsruhe, Postfach 6920, 76049 Karlsruhe, Tel. 0721/608-6076
Mail: uwe.dierolf@ubka.uni-karlsruhe.de, WWW: http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/~uwe

Weiter auf dem Weg zur Virtuellen Bibliothek! Praxis, Projekte, Perspektiven. Bibliothekarische Dienste zur Informationsbeschaffung.
2. INETBIB-Tagung in Potsdam, 10.3.1997

Abstract

In Internetmaßstäben gerechnet kann die Universitätsbibliothek Karlsruhe auf eine traditionsreiche "WWW-Geschichte" zurückblicken. Es wird ein Überblick über die im Laufe der letzten zwei Jahre eingerichteten WWW-Dienste gegeben (Katalog- und Ausleihanbindung, Zeitschrifteninhaltsdienst mit Profildienst "Persönliche Zeitschriftenliste", KVK - Karlsruher Virtueller Katalog sowie Aufbau regionaler Kataloge, WWW-Anbindung der hostbasierten Ausleihe der Badischen Landesbibliothek etc.).

Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Integration von Diensten sowie deren kooperativer Betrieb gelegt. Auswirkungen auf das Nutzerverhalten und die Arbeitsabläufe innerhalb der Bibliothek runden das Bild ab.

Inhalt

  1. Einleitung
  2. Internet-Dienste der Universitätsbibliothek Karlsruhe
    1. Katalog
    2. Ausleihe
      1. Mailbenachrichtigungen
    3. Zeitschrifteninhaltsdienst (ZID)
      1. Profildienst "Persönliche Zeitschriftenliste" (PZL)
    4. Karlsruher Virtueller Katalog (KVK) und regionale Kataloge
    5. Ausleihanbindung der Badischen Landesbibliothek
    6. WWW-Index (WAIS-Suche)
  3. Verbesserte Informationsbeschaffung durch Integration

3.1 Integration von Diensten mit Client-Server-Schnittstelle

3.2 Integration von Diensten mit WWW-Zugang

3.3 Integration von Diensten mit Telnet-Zugang

3.4 Integration von Mailbenachrichtigungen

  1. Kooperativer Betrieb
  2. Auswirkungen auf Nutzerverhalten und Arbeitsabläufe
  3. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In Internetmaßstäben gerechnet kann die Universitätsbibliothek Karlsruhe auf eine traditionsreiche "WWW-Geschichte" zurückblicken. Im folgenden wird ein Überblick über die im Laufe der letzten zwei Jahre entwickelten WWW- und Internet-Dienste gegeben.

Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Integration von Diensten sowie deren kooperativen Betrieb gelegt. Bezüglich der Integration von Diensten wird dabei einerseits zwischen dem Maß an Manipulationsmöglichkeiten (bei eigenen und fremden Diensten) als auch die Art des Zugangs der zu integrierenden Dienste (Client-Server-Schnittstelle, WWW-Schnittstelle, Terminalemulation) unterschieden.

Zuletzt werden die durch ein reichhaltiges Angebot an Online-Diensten erzielten Auswirkungen auf das Nutzerverhalten und die Arbeitsabläufe innerhalb der Bibliothek betrachtet.

2. Internet-Dienste der Universitätsbibliothek Karlsruhe

Die Universität Karlsruhe ist eine technische Hochschule mit ca. 20.000 Studenten und ca. 4.000 Mitarbeitern. Die meisten Einrichtungen wie auch die Universitätsbibliothek Karlsruhe (UB Karlsruhe) befinden sich auf dem stadtnah gelegenen Campus der Universität. Die Netzinfrastruktur ist hervorragend, was zur raschen Entwicklung und starken Nutzung der WWW-basierten Dienste führte.

Bevor die einzelnen Dienste vorgestellt werden, gibt folgende Tabelle den zeitlichen Ablauf der Entwicklungsarbeiten an der UB Karlsruhe wieder:

EinführungDienst Entwicklung
April 95Katalog inklusive Neuerwerbungslisten 2 Monate
Mai 95Zeitschrifteninhaltsdienst (ZID) 1 Monat
Jan 96Ausleihe1 Monat
März 96Mailbenachrichtigungen 1 Woche
Juli 96Profildienst "Persönliche Zeitschriftenliste" 1 Woche
Juli 96WWW-Index (WAIS) 2 Tage
August 96Karlsruher Virtueller Katalog (KVK) 2 Monate
September 96Anbindung des BLB-Ausleihsystems 1 Monat
Oktober 96KA-OPAC, ZID-Alle Jahrgänge 1 Tag
Februar 97EUCOR-OPAC 3 Tage

Die Entwicklungszeiten beziehen sich auf den Personaleinsatz von einer Person.

Alle im folgenden beschriebenen Online-Dienste basieren auf CGI-Programmen ([Klut94a], [Klut94b] und [Gund96]). Eine eventuell erforderliche Sitzungsverwaltung wurde ebenfalls auf der Serverseite implementiert. Bei neu zu entwickelnden Diensten besteht die Möglichkeit, Sprachen wie JAVA oder JAVASCRIPT einzusetzen, um die Sitzungsverwaltung über den Client abzuwickeln. Allerdings sollte dabei die Klientel berücksichtigt werden. Nicht jeder Benutzer verfügt über aktuelle, graphische Browser. Auch der Einarbeitungsaufwand in JAVA ist wesentlich größer als in herkömmliche Skriptsprachen.

2.1 Katalog

Der WWW-Katalog der UB Karlsruhe umfaßt derzeit 16 Kataloge an 13 Standorten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.


Abb. 1: Übersicht aller OLIX-Kataloge

Die Architektur gibt Abbildung 2 wieder. Die Anbindung an das Client-Server-basierte Katalogsystem OLIX erfolgt über das Modul "wwwopac". Es stellt die reine Zugangsfunktionalität des im Rahmen des Landesprojekts OLIX (Online Literaturinformationssystem auf UNIX-Basis) entwickelten graphischen Rechercheclients zur Verfügung. Die Kommunikation mit der Datenbank genügt dem SR-Protokoll ([GoMö93]) und wird in Zukunft durch Z39.50 abgelöst.Weitere Informationen finden sich in [DiMö95] und [Dier96a].


Abb. 2: Architektur des WWW-Katalogs

Der Karlsruher Katalog unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Katalogen und wird daher nicht näher beschrieben. Durch die Übernahme des an der UB Karlsruhe entwickelten Moduls "wwwopac" seitens Dritter findet man ihn inzwischen in abgewandelter Form auch beim Bayerischen Verbund sowie in Form des WWW-Katalogs "Verzeichnis Lieferbarer Bücher" (VLB) wieder.

Die monatliche Nutzung beträgt ca. 200.000 Anfragen.

Erwähnenswert ist die Neuerwerbungsliste. Hierbei handelt es sich um eine eigene HTML-Seite, die fachspezifische Suchanfragen zur Auffindung aller Neuzugänge eines Faches der letzten n Wochen in den Katalog umfaßt. Die Anfragen bleiben vor dem Benutzer verborgen.

Als logische Konsequenz erfordert die Einführung eines WWW-Katalogs die Anbindung des Ausleihsystems ans WWW.

2.2 Ausleihe

Folgende Ausleihfunktionen werden angeboten:

Die WWW-Ausleihe ([Dier96a]) basiert auf einem selbstentwickelten Sitzungskonzept. Bei dem an sich statuslosen WWW-Server kann durch diesen Aufsatz erreicht werden, daß nur eine Anmeldung an das Ausleihsystem erforderlich ist. So ist es z.B. im Rahmen einer Ausleihsitzung möglich, einen Kontoauszug abzurufen mit anschließender Verlängerung und Passwortänderung. Bezüglich der Architektur unterscheidet sich die Ausleihanbindung nicht von der Kataloganbindung. Hier realisiert das Modul "txtausl" die Anbindung an das Client-Server-basierte Ausleihsystem der UB Karlsruhe.


Abb. 3: Architektur der WWW-Ausleihe

Zum Zeitpunkt der Entwicklung des WWW-Katalogs wurde die Ankopplung an das Ausleihsystem nicht berücksichtigt, da als technisch zu schwierig eingestuft. Daher besteht keine enge Integration beider Dienste. Es werden keine übergreifenden Sitzungen - also solche, die von der Recherche zur Ausleihe und zurück führen - unterstützt. Bei der aktuell freigegebenen Version erfordert daher jede Vormerkung bzw. Bestellung aus dem Katalog heraus die Anmeldung beim Ausleihsystem zur Eröffnung des Kontos. Wünschenswert ist eine enge Kopplung zwischen Katalog und Ausleihe, was bei Neuentwicklungen von Anfang an berücksichtigt werden kann.

Pro Monat werden ca. 20.000 WWW-Anfragen an das Ausleihsystem gestellt. Das entspricht über 20% aller Anfragen.

Zur Abrundung der WWW-Ausleihe fehlte noch die Möglichkeit der Benachrichtigung auf elektronischem Wege, was zur Entwicklung der Mailbenachrichtigungen führte.

2.2.1 Mailbenachrichtigungen

Schon eine Woche nach Einführung der Mailbenachrichtigungen (Liste abholbereiter, vorgemerkter Bücher und Mahnungen) betrug der Anteil der Mails am gesamten Postaufkommen 10 Prozent. Dieser Anteil stieg stetig an und beträgt heute ca. 30 Prozent. Bei durchschnittlich 520 Benachrichtigungen pro Tag bedeutet der Mail-Service auch eine enorme Einsparung von über 100 Postkarten pro Tag bzw. 20.000 DM pro Jahr.

Mailbenachrichtigungen erfolgen ohne Berechnung von Portokosten. Die somit kostenlosen Vormerkungen und die Möglichkeit der Postwegänderung per WWW (Umstellung von Post- auf Mailzustellung) ohne Besuch der UB Karlsruhe trugen zu diesem Anstieg bei.

Ein solcher Dienst erfordert ein sehr hohes Maß an Zuverlässigkeit im Zusammenspiel aller beteiligten Mail-Server. Der automatische Versand einiger hundert Mailbenachrichtigungen innerhalb weniger Sekunden überlastet manche Mail-Server. In Karlsruhe mußte dieser Vorgang daher künstlich verzögert werden.

2.3 Zeitschrifteninhaltsdienst (ZID)

Der Zeitschrifteninhaltsdienst (ZID) ([DiMö96b]) umfaßt die Inhaltsangaben von ca. 14.000 Zeitschriften. Er basiert auf wöchentlichen Datenlieferungen der Firma SWETS. In ZID kann man nach einer Zeitschrift, Stichworten aus Artikeln oder nach bestimmten Autoren suchen. Die Trefferliste umfaßt Artikel und Hefte, Inhaltshaltsverzeichnisse sind nach Seitenzahlen sortiert. Die Architektur gibt Abbildung 2 wieder.

Zu einer Zeitschrift kann man sich die Standorte in der Universität Karlsruhe (UB/Institutsbibliothek), der Badischen Landesbibliothek (BLB) und im Forschungszentrum Karlsruhe (FZK) ausgeben lassen. Die Standortsuche erfolgt intern über die Nutzung des CGI-Programms zur Recherche im jeweiligen Katalog (UB/BLB/FZK). Suchkriterium bildet die ISSN.

Das Volumen eines kompletten Jahrgangs beträgt ca. 1,5 Mio. Datensätze. Jeder der inzwischen vier Jahrgänge wird in einer eigenen Datenbank verwaltet, was zu einem verbesserten Antwortzeitverhalten führt, da meist nur in den aktuellen Jahrgängen recheriert wird.

Die ZID-Nutzung liegt bei ca. 30.000 Anfragen pro Monat.

2.3.1 Profildienst "Persönliche Zeitschriftenliste" (PZL)

Die "Persönliche Zeitschriftenliste" (PZL) dient der vereinfachten Handhabung des ZID.

In ZID gefundene Zeitschriften können vom Benutzer in seine PZL aufgenommen werden. Ausgehend von der PZL kann sich ein Benutzer über neue Hefte aller oder einzelner Zeitschriften in seiner PZL informieren. Weiterhin kann er alle Hefte eines Jahrgangs einer Zeitschrift ausgeben. Listen können exportiert und importiert werden. Hierdurch ist die Pflege von institutsspezifischen Listen sowie der Austausch von Listen möglich.

Das Öffnen bzw. die Manipulation einer PZL erfordert analog zur WWW-Ausleihe eine Anmeldung. Zur Benutzerverwaltung wird dabei wieder auf die in die Ausleihe integrierte Benutzerverwaltung zurückgegriffen. Auch das Sitzungskonzept konnte von der Ausleihe übernommen werden.

Es handelt sich bei diesem Dienst derzeit noch um einen passiven Dienst, d.h. ein Benutzer muß sich in Intervallen selbst über Neuerscheinungen informieren. Möglich ist die Ausweitung auf einen aktiven Dienst basierend auf Mailbenachrichtigungen.


Abb. 4: Persönliche Zeitschriftenliste

Bisher wurden 600 PZL-Konten angelegt. Die Nutzung des PZL-Dienstes liegt bei ca. 3000 Aufrufen pro Monat.

2.4 Karlsruher Virtueller Katalog (KVK) und regionale Kataloge

Der Karlsruher Virtuelle Katalog ist eine Suchmaschine, mit der in mehreren Katalogen zugleich recheriert werden kann ([DiMö96a]). Der KVK dient der Verbesserung und Vereinfachung der Informationsbeschaffung über unterschiedliche, inhomoge Systeme hinweg.

Abb. 5: KVK-Architektur

Für den Benutzer konnte durch das KVK-Projekt in sehr kurzer Zeit das realisiert werden, was sich das DBV-OSI-Projekt (Phase I) vor einigen Jahren zum Ziel gesetzt hatte ("Kommunikation zwischen den Verbünden"). Erst die neue Technik der Server-Server-Kommunikation unter Verwendung des gegenüber Z39.50 sehr viel einfacheren Hypertext Transfer Protocol (http) hat dies ermöglicht. Den Grundstock mit 3 Verbundkatalogen bildete eine von der UB Karlsruhe betreute Studienarbeit ([Sand96]). Der Ausbau auf 13 Kataloge wurde von der EDV-Abteilung der UB Karlsruhe durchgeführt.

Ausgehend vom KVK gelang der Aufbau des "Karlsruher OPAC". Dieser Regionalkatalog integriert wichtige Karlruher Kataloge (UB Karlsruhe, Institutskatalog Uni Karlsruhe, Veröffentlichungsverzeichnis Uni Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Forschungszentrum Karlsruhe, Bundesgerichtshofs, Landesbildstelle Baden) in einer Suchmaske.

Außerdem entstand der "EUCOR OPAC", ein integrierter Katalog für die mit einem WWW-Katalog ausgestatteten EUCOR-Bibliotheken (EUCOR = Europäische Konföderation der oberrheinischen Universitäten; Karlsruhe (WWW), Freiburg (WWW), Basel (TELNET), Mühlhausen (TELNET), Straßburg (4 x WWW); s. http://www.ub.uni-freiburg.de/eucor/).

Weiterhin bildet der KVK die Grundlage für eine ZID-Recherche über alle Jahrgänge (1994-1997).

Die Nutzung des KVK stieg von anfänglich 20.000 Anfragen im August 1996 auf 60.000 Anfragen im Dezember 1996. Der Anstieg verlief derart rapide, daß für die externen Anfragen im September 1996 eineWorkstation mit eigenem WWW-Server abgestellt werden mußte. Interessanterweise erfolgen die meisten KVK-Anfragen per Modem aus dem Domain "dtag.de" der Deutschen Telekom ("T-Online").

Abb. 6: Exemplarische KVK-Monatsstatistik

2.5 Ausleihanbindung der Badischen Landesbibliothek

Den vorläufigen Abschluß der Karlsruher WWW-Entwicklungen bildete die Anbindung des hostbasierten Ausleihsystems "OLAF" der Badischen Landesbibliothek (BLB) an den WWW-Katalog.

Der Internet-Zugang auf das Ausleihsystem der BLB beschränkte sich bisher auf die Verwendung der Terminalemulationssoftware "Telnet". Zur WWW-Einbindung wurde die Software "OLAF-Server" entwickelt. Sie fungiert als Serveraufsatz und macht aus der proprietären Hostanwendung eine Anwendung mit Client-Server-Schnittstelle. Hierdurch kann der OLAF-Server analog zu den Modulen "wwwopac" bzw. "txtausl" von einem CGI-Programm genutzt werden (s. [Dier96b]).


Abb. 7: Architektur der BLB-Anbindung

Ausgehend von Treffern im WWW-Katalog der BLB kann direkt, d.h. ohne Anmeldung der Buchstatus (vormerkbar, bestellbar) ermittelt werden. Erst eine Vormerkung oder Bestellung erfordert eine Anmeldung beim Ausleihsystem. Die Architektur dieses WWW-Dienstes unterscheidet sich ansonsten nicht von den bereits erwähnten Diensten.

2.6 WWW-Index (WAIS-Suche)

Zur Erleichterung der Suche in der großen Anzahl an WWW-Seiten der UB Karlsruhe wurde eine WAIS-basierte Suche implementiert. Für die Seiten, die in den WAIS-Index aufgenommen werden sollen, wird eine Positivliste geführt. Dies hat gegenüber vollautomatischen Verfahren (wie sie von Web-Robots zur Auffindung aller Seiten eines WWW-Servers angewandt werden) den Vorteil, daß Benutzer nur relevante Seiten finden.

3. Verbesserte Informationsbeschaffung durch Integration

Nach diesem Rückblick auf die Entwicklungen der WWW-Dienste an der UB Karlsruhe steht nun der Aufbau analoger Dienste bzw. deren Integration in ein bestehendes WWW-Angebot im Mittelpunkt.

Der Aufbau eines WWW-Katalogs allein nutzt einem Großteil der Benutzer recht wenig. Erst die Integration des lokalen Ausleihsystems oder eine Fernleihanbindung tragen zu einem echten Nutzen für Benutzer bei. Der Weg zur virtuellen Bibliothek ist voller Hindernisse und Stolpersteine. Durch die Integration von Diensten läßt er sich wenigstens zum Teil begehbar machen.

Die zu integrierenden Dienste lassen sich bzgl. ihres Zugangs bzw. ihrer Schnittstelle einordnen:

In allen Fällen ist zu berücksichtigen, ob es sich um eigene und somit anpaßbare oder fremde, also nicht veränderbare Dienste handelt

Oft ist das Thema Benutzerverwaltung von zentraler Bedeutung. Der Einsatz einer zentralen Benutzerverwaltung, die in allen Diensten Verwendung findet, ist sehr vorteilhaft.

3.1 Integration von Diensten mit Client-Server-Schnittstelle

Bei selbstentwickelten Anwendungen (wie z.B. einer graphischen Recherchesoftware) bietet die strikte Trennung in funktionale Schicht und Dialogschicht die Möglichkeit der Herauslösung der reinen Zugangsfunktionalität. Analog zu den Modulen "wwwopac" und "txtausl" (s. Kap. 2.1 und 2.2) kann darauf die Entwicklung von WWW-Diensten durchgeführt werden.

Bei kommerziellen Client-Server-Anwendungen sollte die externe Entwicklung eines entsprechenden Moduls mit vertretbaren Kosten möglich sein.

3.2 Integration von Diensten mit WWW-Zugang

Beispiele wie der KVK oder die für die Standortsuche von Zeitschriften erforderliche Kopplung von ZID und Katalog zeigen, wie einfach sich neue Funktionalität durch die Verwendung der WWW- bzw. CGI-Schnittstelle realisieren und ein bereits vorhandenes, eigenes Umfeld integrieren läßt.

So ist z.B. die Integration einer WWW-Ausleihe in einen WWW-Katalog dann sehr einfach, wenn man die bei der Recherche eingesetzten CGI-Programme (wie dies in Karlsruhe der Fall war) verändern kann.

Aber auch eine bereits vorhandene (z.B. gekaufte) WWW-Recherche kann erweitert werden. Hierzu muß auf die vorhandene Recherche das beim KVK angewandte Verfahren der Strukturanalyse (HTML-Parsing) angewendet werden. Vor Ausgabe der originären Trefferergebnisse (HTML-Seite) wird an den passenden Stellen der Verweis auf die zu integrierende WWW-Ausleihe eingefügt. Eine solche Kapselung führt zu einer Indirektion und somit auch zu einer zusätzlichen Last. Eventuell erforderliche Hardware kann über die eingesparten Entwicklungskosten finanziert werden.

3.3 Integration von Diensten mit Telnet-Zugang

Das Beispiel der Ausleihanbindung der BLB ("OLAF-Server") zeigt, daß die Erstellung eines Servers für eine Hostanwendung in kurzer Zeit mit einfachen Mitteln durchführbar ist, sofern die angestrebte Lösung ein gewisses Maß an Komplexität nicht überschreitet. Der beschrittene Weg ist auf jede Hostanwendung anwendbar. Selbst ein rudimentärer WWW-Katalog ließe sich damit für einen ansonsten nur per "Telnet" zugänglichen Katalog realisieren.

3.4 Integration von Mailbenachrichtigungen

Zur Realisierung von Mailbenachrichtigungen ist lediglich ein Eingriff in den Druckjob erforderlich. Sofern das Druckprogramm manipulierbar ist, kann ohne Probleme vor dem Drucken eine Aufteilung der Daten in real zu druckende und per Mail zu versendende Benachrichtigungen erfolgen.

Sollte dieser Eingriff nicht möglich sein, ist es in den meisten Fällen möglich, den Druck in eine Datei umzuleiten. Diese dient als Zwischenergebnis und muß analog zu oben aufgesplittet werden.

4. Kooperativer Betrieb

Mit kooperativem Betrieb ist zum einen die Übernahme bewährter Konzepte, zum anderen die verteilte Nutzung vorhandener Dienste gemeint. Folgende Tabelle gibt einen Überblick über kooperativ betriebene Dienste:

ZeitpunktDienst Institution
Januar 96ZIDForschungszentrum Karlsruhe
August 96KatalogBadische Landesbibliothek
September 96Katalog Bundesgerichtshof Karlsruhe, StOPAC-Bibliotheken
September 96OLAF-Ausleihe Badische Landesbibliothek
Oktober 96PZLForschungszentrum Karlsruhe
April 97OLAF-Ausleihe StOPAC-Bibliotheken

In Baden Württemberg sowie Rheinland-Pfalz wird in vielen wissenschaftlichen und Landesbibliotheken das in Karlsruhe entwickelte Katalogsystem OLIX eingesetzt. Die Entwicklung des darauf aufsetzenden WWW-Katalogs wurde daher auch von anderen Bibliotheken begrüßt.

In einem ersten Ansatz wurden das Kommunikationsmodul "wwwopac" sowie die Quelltexte des CGI-Programms an Kooperationspartner weitergegeben. Begründet wurde die Übernahme der Quellen mit dem Wunsch der Anpassung der Dienste an die örtlichen Gegebenheiten. Der Nachteil dieses Ansatzes ist, daß die zentral begonnene Entwicklung auseinanderläuft. Die Versions- und Variantenvielfalt führt dazu, daß Änderungen kaum noch übertragbar sind.

Daher wurden in einem zweiten Ansatz die Anpassungen für die Kooperationspartner seitens Karlsruhe durchgeführt. Die lokalen Anpassungen beschränkten sich auf die Modifikation des Rechercheformulars (Suchmaske), welches entweder auf dem Karlsruher WWW-Server oder lokal gehalten wird. Alle Anfragen werden jedoch über Karlsruhe abgewickelt. Der Betrieb der WWW-Kataloge aller am Stuttgarter OPAC ("StOPAC") beteiligten Bibliotheken (UB Stuttgart, UB Hohenheim Württembergische Landesbibliothek) sowie weiterer Karlsruher Bibliotheken (s. Tabelle) wird derart praktiziert.


Abb. 8: Kooperative Nutzung etablierter Dienste

Die Nutzung des Karlsruher WWW-Servers zur Recherche in einem entfernten Katalog (z.B. Stuttgarter) führt zu einem unnötigen Datentransfer übers Netz. Aus diesem Grund werden in Zukunft die Karlsruher Dienste auf einen in Stuttgart angesiedelten WWW-Server ohne Modifikation übertragen (Abb. 8). Die Administration erfolgt weiterhin über Karlsruhe.

Die StOPAC-Bibliotheken setzen analog zur BLB das Ausleihsystem OLAF ein. Die für die BLB entwickelte WWW-Anbindung von OLAF wird derzeit im Rahmen eines Kooperationsprojektes in Karlsruhe auf die Gegebenheiten der StOPAC-Ausleihsysteme angepaßt.

Der Aufbau leistungsstarker Kooperationen und die Realisierung praxisnaher, zeitgerechter Lösungen kann ohne Inanspruchnahme der bereits überlasteten Verbünde zügig durchgeführt werden.

5. Auswirkungen auf Nutzerverhalten und Arbeitsabläufe

These: WWW-Service = 24h Service = Online-Bibliothek

Ein umfassendes WWW-Angebot wird seitens der Benutzer gerne in Anspruch genommen. Dabei erwarten Benutzer die ständige Verfügbarkeit der Dienste. Die Nichtverfügbarkeit oder eingeschränkte Verfügbarkeit eines Serviceangebots wird von Benutzern oft nicht toleriert und führt zu Akzeptanzproblemen.

An der UB Karlsruhe ist das Ausleihsystem jede Nacht auf Grund von Batchläufen (Datensicherung, Tagestatistik, Druckvorbereitung (Post) etc.) mehrere Stunden nicht verfügbar. Hinweise auf ein scheinbares Fehlverhalten der WWW-Ausleihanbindung waren einige Zeit nicht nachvollziehbar. Erst die Frage nach dem Zeitpunkt der Durchführung der Anfragen klärte das Phänomen auf. Bei großen Einspielmengen (Sekundärkorrektur, Wochenabzug für ZID etc.) sind auch manche Recherchedienste nicht zugänglich. Für solche Fälle sind entsprechende Meldungen in den WWW-Diensten vorzusehen.

Der Aufbau einer echten "Online-Bibliothek" erfordert die Erreichung einer "Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit". Hierzu werden in Karlsruhe Überlegungen angestellt, die wartungs- und pflegebedingten Einschränkungen auf ein Minimum zu reduzieren. Dies wird u.a. durch verkürzte Batchläufe und - falls finanzierbar - den Aufbau von Ausweichservern erreicht. Nicht vermeidbare Zugangsbeschränkungen werden zeitlich so gelegt, daß wenigstens eine Verfügbarkeit bis tief in die Nacht erreicht werden kann.

Meist existiert nur ein zentraler WWW-Server in einer Bibliothek. Wartungsarbeiten am WWW-Server, die den Zugang von außen verhindern oder auch Systemausfälle müssen berücksichtigt werden. Ausweichserver sind meist zu teuer. Daher sollte zumindest ein rudimentärer Ersatz angeboten werden, der Benutzer auf die Situation hinweist. Unspezifische Fehlermeldungen in der Form "DNS error ..." oder "host unknown ..." können dadurch vermieden werden.

Ausfälle bei der Zustellung von Benachrichtigungen per Mail führen zu Rückmeldungen seitens der Mailserver. Diese Mails müssen - sofern kein Automatismus vorhanden ist - vom Personal bearbeitet werden.

Die Einbindung der WWW-Dienste der UB Karlsruhe in das Internet-Angebot der Universität Karlsruhe in Form von auf dem Campus aufgestellten Internet-PCs (unter LINUX ) führte zu einem Anstieg der Bestellungen, da eine Bestellung z.B. vor dem Besuch der Mensa ohne Besuch der UB möglich ist. Anschließend kann dann das aus dem Magazin bereitgestellte Buch eingesehen werden. Diese "Bestellungen zur Ansicht" führen bei Bibliotheken mit kleinem Freihandbestand gelegentlich zu Engpässen in der Benutzungsabteilung, da das Transportvolumen aus dem Magazin stark ansteigt.

Ein gut strukturierter, inhaltsreicher und vor allem aktueller WWW-Server kombiniert mit einer WAIS-Suche entlastet spürbar die Auskunft. Außerdem ist eine Verlagerung der Anfragen - da meist technischer Natur - von der Auskunft auf die EDV-Abteilung festzustellen. Anfragen werden fast ausschließlich per Mail bzw. WWW-Mailformular gestellt.

6. Fazit und Ausblick

Internetanwendungen sind plattformunabhängig und zugleich wartungsfreundlich. Sie verdrängen zunehmend herkömmliche Bibliotheksapplikationen (wie z.B. Rechercheclients), da sie eine Vielfalt an Funktionen per WWW-Browser zugänglich machen. Das Aktualisieren von Software (Beschaffung neuer Versionen via FTP-Server) entfällt für den Benutzer gänzlich.

An der UB Karlsruhe laufen aus diesem Grund mehrere Internet-Projekte.

Zum einen steht die Einbindung der Fernleihe in das WWW-Angebot an. Hiermit wird dem am häufigsten geäußerten Benutzerwunsch Rechnung getragen. Das Ausleihsystem der UB Karlsruhe unterstützt sowohl die aktive als auch passive Fernleihe (Herausgabe/Entgegennahme von Büchern), so daß der Integration ins WWW keine großen Hürden im Weg stehen sollten.

Zum anderen wird ein WWW-Katalogisierungssystem entwickelt. Es löst das seit Jahren bei den Instituten eingesetzte OS/2-System ab.

Weiterhin befindet sich ein JAVA-basiertes WWW-Literaturverwaltungssystem in der Planung. Bisher unterstützen Bibliotheken Ihre Benutzer nur bei der Informationsbeschaffung, jedoch nicht bei der Literaturverwaltung. Das zu erstellende System stellt die Fortsetzung des KVK-Projektes dar. Mittels KVK ermittelte Titelaufnahmen sollen in benutzerspezifische Literaturdatenbanken übernommen werden können. Literaturverwaltung wird damit unabhängig vom Arbeitsplatz möglich sein.

Im Rahmen des DBV-OSI-Projekts wird ein Dokumentlieferdienst zur Lieferung eingescannter Zeitschriftenartikel per Mail, Fax oder FTP aufgebaut.

Zuletzt entsteht ein Dokumentenserver zur Volltextverwaltung aller an der Universität Karlsruhe erstellten Veröffentlichungen.

In allen Fällen steht natürlich die Integration in das vorhandene WWW-Umfeld der UB Karlsruhe im Vordergrund.

Der mit einer schlechten Verfügbarkeit einhergehende Imageverlust sollte manche Institution bei der Findung benutzergerechter Lösungen beflügeln. Dienste, deren Verfügbarkeit bei Feierabend enden, sollten in Zukunft der Vergangenheit angehören. Was nützt die schönste virtuelle Bibliothek, wenn sie nicht "online" ist. Dies käme auch dem globalen Verständnis des WWW als weltweit genutztem Medium entgegen.

Literaturverzeichnis

[Dier96a] Dierolf, Uwe: UB Karlsruhe erweitert Dienste - vom WWW-Katalog zur WWW-Ausleihe, Bibliotheksdienst Heft 3, 96,
http://www.dbi-berlin.de/dbi_pub/bd_art/96_03_00.htm

[Dier96b] Dierolf, Uwe: Aus Alt mach Neu - Umsetzung von terminalbasierten Anwendungen in Client-Server-Lösungen am Beispiel der Integration des Ausleihsystems der Badischen Landesbibliothek ins WWW,
Bibliotheksdienst Heft 11, 96,
http://www.dbi-berlin.de/dbi_pub/bd_art/96_11_07.htm

[DiMö95] Dierolf, Uwe; Mönnich, Michael: Neue Netzdienste der Universitätsbibliothek Karlsruhe, Uni-Information, Juli 1995

[DiMö96a] Dierolf, Uwe; Mönnich, Michael: Karlsruher Virtueller Katalog (KVK) - Neue Dienstleistung im World Wide Web, Bibliotheksdienst Heft 8/9, 96,
http://www.dbi-berlin.de/dbi_pub/bd_art/96_08_03.htm

[DiMö96b] Dierolf, Uwe; Mönnich, Michael: Neuer WWW-Dienst der Universitätsbibliothek Karlsruhe - Zeitschrifteninhaltsdienst (ZID,
EUCOR-Bibliotheksinformation, Heft 9, Oktober 1996,
http://www.ub.uni-freiburg.de/eucor/infos/9-1996/06.html

[GoMö93] Gottswinter Edith; Mönnich, Michael: Einführung in die SR-Normen,
ABI-Technik, 13 (1993), S. 277-288

[Gund96] Gundavaram, Shishir: CGI Programming on the World Wide Web,
O'Reilly & Ass., 1996

[Klut94a] Klute, Rainer: Dynamische Dokumente mit dem CERN-WWW-Server - Zweiter Gang, iX, 8 (1994), S. 140-146

[Klut94b] Klute, Rainer: Dynamische Dokumente mit dem CERN-WWW-Server - Generischer Generator, iX, 9 (1994), S. 178-187

[Sand96] Sand, Roland: Entwicklung eines Meta-Suchinterface für WWW-Bibliothekskataloge, Studienarbeit, Universität Karlsruhe, Fak. f. Informatik, Institut für Logik, Komplexität und Deduktionssysteme, Oktober 1996